Dem Unkraut auf der Spur
Unkraut, Ungras, Ungehölz…. Für uns ist es das, was wir nicht in unseren Beeten haben wollen. Ganz einfach also. Wenn ich jetzt über´s Unkraut schreibe, dann meine ich das in unseren Gärten, nicht draußen in freier Wildbahn.
Es gibt viele euphemistische Begriffe für Unkraut. Begleitgrün, unerwünschtes Beikraut, Gewächs (in etwas abfälligem Tonfall), Spontanvegetation (das klingt witzig, spontan springt das Unkraut in unsere Beete), Begleitvegetation, Kulturpflanzenbegleiter (das hört sich ziemlich vornehm an, gell?), Begleitwuchs und so weiter. Und dann gibt es noch „Superunkräuter“, denn die sind resistent gegen Gifte. Und die werden wirklich so genannt, das ist keine Erfindung von mir…
So manches, was als Unkraut bezeichnet wird, wollen wir sogar im Garten haben (z. B. Beinwell). Andere rupfen es radikal aus. So hängt es von den GärtnerInnen und deren Gärten ab, was als Unkraut empfunden und entfernt wird oder bleiben darf.
Wir zum Beispiel haben die Brennesseln wachsen lassen. 1. wegen der Schmetterlingsraupen (Kinderstube für Schmetterlinge!), 2. wegen der Jauche zum Düngen, die wir draus machen. (So viel Jauche können wir gar nicht verbrauchen, wie wir Brennesseln im Garten haben). Mehr oder weniger unbemerkt (eher mehr bemerkt….) hat sie sich ausgebreitet, fast im ganzen Garten. Der Gärtner meines Vertrauens hat mir immer wieder glaubhaft versichert, dass er die Brennesseln zum Jauchemachen schon verbrauchen wird. Das haben die Brennesseln aber nicht gewusst… oder eher doch, denn sie haben dieses Wissen zum Anlass genommen, sich extrem auszubreiten 😉
Dieses Jahr haben wir zum Unkraut-raus-Jahr ausgerufen. Denn jetzt wächst es uns wahrhaftig bald über den Kopf. Naturgarten hin oder her, jetzt müssen wir Hand und Unkrautstecher anlegen.
Meine Meinung lautet: je kleiner der Garten, desto mehr muss man hinter allem unerwünschten Kräutl her sein.
Dass man Unkraut aus dem Gemüsebeet zupft, darüber gibt es kaum Diskussionen. Wer will schon in eine Distel greifen, wenn er sich ein paar Radieschen für´s Butterbrot holt. Wenn man Staudenbeete angelegt hat, kann das schon anders ausschauen. Denn da blüht doch was so hübsch dazwischen. Kann man doch stehen lassen. Nein! Nicht alles! Ich weiß das jetzt! Denn diese unerwünschten Pflanzen nehmen unseren gehegten, gepflegten, gesetzten und gesäten Pflanzen Platz, Licht, Nährstoffe und Wasser weg und unsere Lieblinge beginnen zu kümmern oder verschwinden irgendwann ganz. Kann ich euch aus trauriger Erfahrung so bestätigen.
Wer möchte, dass sein Naturgarten oder naturnaher Garten nicht zu einer Gestettn verkommt, muss wohl pflegerisch eingreifen.
Was für den einzelnen nun Unkraut ist, das entscheidet jeder selbst. Das kann sogar unter gemeinsam Gartelnden zu Diskussionen führen, innerhalb nur eines einzigen Gartens! Was sich für Diskussionen mit Nachbarn ergeben, davon können manche sicher auch ein Lied singen. Da haben wir großes Glück. Unsere Nachbarn blicken eher wohlwollend auf unseren Garten. Keine Löwenzahnsamenbeschwerden bis dato eingelangt. Wie auch wir kein Wort über die Wilder-Wein-Triebe oder Efeurranken verlieren, die sich mäandernd durch unseren Garten schlängeln, sich manchmal unauffällig vom Zaun auf den Liguster schwingen und dann zu Boden fallen lassen…
Ein paar Tipps und Fakten zum Thema
Definition:
Wann werden Pflanzen eigentlich so „offiziell“ als Unkraut bezeichnet?
Wenn sie unseren gezielt angebauten Pflanzen Konkurrenz machen. Die Pflanzen konkurrieren um Nährstoffe, Licht, Wasser und Platz.
Invasive Neophyten:
Die können heimische Pflanzen von ihren Standorten verdrängen und so unsere Tierwelt in Bedrängnis bringen, weil diese an diese neuen einwandernden Pflanzen nicht angepasst ist. Sie sollten auf jeden Fall entfernt werden. Aber das ist eine andere Geschichte.
Maulwurfshügel:
Wenn ihr einen Maulwurfshügel im Garten entdeckt (zuerst freuen! Guter Erde. Geschütztes Tier.) dann aber: sofort wegräumen, man sagt ja, dass es beste Erde ist, was der Maulwurf da hinauftransportiert, in Töpfe füllen, etwas pflanzen, aber gleich wegräumen und den Ursprungszustand wiederherstellen. Es ist nämlich DAS ideale Stück Garten, wo sofort Unkraut wachsen wird!
Verbreitung/Vermehrung:
Erfolgt über Samen und Wurzelausläufer
Besonders hinterhältig sind die sogenannten „Dauerunkräuter“. Wenn man hier nicht konsequent jedes Wurzelfuzerl erwischt, dann wächst daraus ganz schnell eine neue Pflanze. Wer will das schon? Wenn ich denke, wie oft mir schon die Wurzeln abgerissen sind, wird mir ganz schwummerig. Beispiele gefällig? Ackerkratzdistel, Ackerwinde, Quecke, Giersch, Ampferarten, Ackerschachtelhalm.
Werkzeug:
Welches Werkzeug ist praktisch? Ein Unkrautstecher, von guter Qualität, sonst ist er gleich verbogen. Für einzelne Unkräuter, kleine Flächen bzw. Beet gut geeignet. Meditativ auf einem Hocker sitzend Unkraut ausstechen. 2 Fliegen mit einem Stecher, äh, einer Klappe.
Eine Grabegabel, gleichfalls gute Qualität, sonst verbiegt sie sich beim ersten Versuch, sie in die Erde zu rammen. Für größere Flächen gut geeignet. Damit kann man den Boden lockern und dann das Unkraut einfacher (Betonung: einfachER, nicht einfach…) herausziehen. Und sonst wären da noch Daumen, Zeigefinger, Mittelfinger…. 😉
Ich kann euch aus Erfahrung sagen, was passieren kann, wenn man nicht ausreißt, -sticht, -rupft, -zupft, jätet und zieht. Wenn man die Zügel schleifen lässt, dann passiert das, was ihr auf den folgenden Fotos sehen könnt.
Was ich jedenfalls dringend empfehle, sind Gartenhandschuhe. Vieles lässt sich ja auch so ausrupfen, aber sobald da eine Distel oder Brennessel mitgeht, wird´s unangenehm. Für Dreck unter den Fingernägeln hab ich den ultimativen Tipp: Milch auf dem Herd kochen, vergessen, Verbranntes riechen, dann intensiv den Herd ohne Gummihandschuhe putzen – zack, saubere Fingernägel! (Für euch ausprobiert am 29.5.2021).
Eines jedoch geht im Naturgarten nicht: Gift.
Wildblumenwiese:
Eine richtige Wildblumenwiese anzulegen, das ist eine echte Wissenschaft. Es genügt leider nicht, wenn man beschließt, einfach ein Stück Rasen nicht mehr zu mähen. Dort werden Gräser wachsen, die sowieso alles verdrängen. Löwenzahn lässt sicher auch nicht lange auf sich warten, er ist ein guter Nektarlieferant. Nur ist Löwenzahn kein Bestandteil einer Wildblumenwiese. Wenn man mit einer Wildblumenwiese erfolgreich sein will, wird es einem nicht erspart bleiben, vorher die Fläche komplett von Unkraut zu befreien, und zwar wirklich jedes kleinste Stückerl, und dann erst zu säen oder zu pflanzen. So wird man wesentlich mehr Erfolg und auch Freude damit haben. Details dazu findet man in der entsprechenden Literatur. Die Bücher von Reinhard Witt sind eine sehr gute Quelle dafür.
Wildkraut
Als „Wildkraut“ bezeichnet man essbare Wildkräuter. (Ich gebe zu, das habe ich grad im Zuge meiner Recherche gelernt.) Und nicht alles, was wir so als Unkraut bezeichnen, ist essbar.
Aber jetzt geht´s los, kommt mit in unseren Garten:
Was ist nun also Unkraut? Fest dazu entschlossen, Ackersenf, Hahnenfuß und einiges andere „Unkraut“ auszureißen, bin ich wieder da, wo vor einiger Zeit meine Naturgarten“karriere“ begonnen hat: lassen oder nicht lassen, das ist hier die Frage. Der Hahnenfuß ((Ranunculus, es gibt weltweit 600 Arten) darf nun an ausgewählten Standorten bleiben, eh klar 🙂 Auch wenn die Hahnenfußscherenbiene laut Literatur häufig ist – was heißt das schon? Als das Buch geschrieben wurde, häufig? Jetzt häufig? Bald nicht mehr häufig?
So geht´s also bei uns im Garten zu. „Un“kraut oder nicht… Es gibt natürlich keines, denn irgendein Tier ist daran angepasst, sonst gäbe es die Pflanze ja nicht. Wir entscheiden, ob wir ein paar dieser Wilden bei uns im Garten haben wollen. Und weil es ja unser Garten ist, greifen wir eben regulierend ein. Mal mehr, mal weniger.
Aus dem wilden Naturgarten und Hortus grüßt euch ganz herzlich, eure Karin!
Meine Bücher, wo ich nach Bedarf nachschlage, sind:
Bienen Mitteleuropas, Gattungen, Lebensweise, Beobachtung, von Felix Amiet und Albert Krebs, erschienen im Hauptverlag
Wilde Bienen, Biologie – Lebensraumdynamik am Beispiel Österreich – Artenportraits, Heinz Wiesbauer, erschienen im Ulmer Verlag
(c) Fotos und Text: Karin Kurzmann
Quellen: Wikipedia, Buch Reinhard Witt: Nachhaltige Ansaaten und Pflanzungen